Wolfram Tischendorf ist zu danken, dass er mit „Leben und Tätigkeit“ des Reichskanzlers Otto von Bismarck (und im nächsten Semester mit Konrad Adenauer) zwei markante Persönlichkeiten der deutschen Geschichte zu seinem Thema macht. Bismarck (1815-1898) bleibt eine verdienstvolle Persönlichkeit, wenngleich er aus heutiger Sicht ein ultrakonservativer Politiker gewesen ist.

Als „toller“ Junker eines stets wohlhabenden Adelsgeschlechts sorgt sich vor allem seine strebsame und gebildete Mutter um die Karriere ihres Sohnes. Er bummelt und trinkt während er halbherzig eine Ausbildung im Forst- und Gutswesen auf sich nimmt.

 

Ihm missfallen alle demokratischen Bewegungen dieser Zeit, so auch das Hambacher Fest im Jahr 1832. Er wurde Mitglied des preußischen Landtags und preußischer Gesandter am ersten Bundestag in Frankfurt am Main. Bismarck war unzufrieden; er will befehlen, kein Mitspieler sein. Seine Eheschließung mit Johanna von Puttkammer 1847 leitete private Veränderungen ein. Er wurde 1847 Mitglied im Preußischen Landtag, 1865 wurde er zum Graf erhoben, 1867 Kanzler des Norddeutschen Bundes und nach dem Sieg über Frankreich 1871 in Versailles zum Reichskanzler des unter seiner Mitgestaltung neu gegründeten Deutschen Reiches. Auch infolge des Aufschwungs der deutschen Industrie gelang es Deutschland eine Vormachtstellung in Europa und darüber hinaus zu erlangen.

Als hochbegabter Diplomat schloss Bismarck auch strategische Verträge und Bündnisse mit Staaten, die er nicht mochte, um Ruhe im Inneren zu behalten. Er führte den „Kulturkampf“ (1872-78) mit dem Papst und gegen die aufkommenden Sozialdemokraten, die er 1878 verbieten ließ. Charakteristisch für seinen harten Stil gegenüber Andersdenkenden ist seine „Blut-und Eisenrede“, die seine kriegerische Denkhaltung verriet. Obwohl viele Historiker Bismarck für den Berater von Kaiser Wilhelm I. halten, setzte er die vom Kaiser geforderten (international beispielgebend) Sozialgesetze 1888 um. Durch den Kaiserwechsel zu Wilhelm II. 1890 und dessen Abkehr von Bismarcks Außenpolitik kam es zur unwürdigen Entlassung des „Eisernes Kanzlers“. Eine weltweit verstandene Karikatur kommentierte „Der Lotse geht von Bord“.

Walter Schwebel