Uraufführung bei der Aka: Klaus Philipp stellte eine Auswahl seiner faszinierenden digital bearbeiteten Naturfotos vor

Natur und Kunst sind stets Klaus Philipps Lehrmeister gewesen. Der frühere Kunstlehrer und Leiter des Aka-Arbeitskreises „Kunstprojekte im öffentlichen Raum“ erfüllte ein Versprechen, das er bei einer früheren Aka-Veranstaltung gegeben hatte: Er zeigte auf Publikumswunsch weitere eindrucksvolle Beispiele aus dem Zauberkasten seiner digitalen Fotobearbeitungen. Fast alle Bilder waren „Uraufführungen“, die er auf der Festplatte gespeichert hat.

Einem naturgetreuen Wiesenausschnitt von Albrecht Dürer, entstanden 1503, stellte er ein Stück fotografierte Blütenwiese von heute gegenüber. Als Fotograf nahm er dabei die Perspektive eines Insekts ein und ging mit der Kamera ganz nah an die Halme und Blüten heran. Büsche und Wasserflächen reduzierte er auf ihre grafische Wirkung. Aus Naturmotiven, die er auf dem Oberfeld, am Darmbach und an der Gersprenz vorfand, gestaltete er Stimmungslandschaften. Er musste nicht in die Ferne schweifen - was er übrigens sehr gern tut - , um etwas Besonderes zu entdecken.

Van Gogh war vom Licht des Südens und den schattenlosen Landschaften der Provence fasziniert. Durch Farbzerlegungen gelang es Philipp, seinen Provence-Fotos das Flair von impressionistischen Gemälden zu geben. Manche seiner Bilder muten fast wie Aquarelle an, andere wirkten surrealistisch. Er baut Störungen ein, um neue Ausdrucksformen zu schaffen, arbeitet mit Konturierung, Vergröberung und Vereinfachung. Seine Werke, in denen viel Tüftelarbeit steckt, zeigen eine innere Wirklichkeit, eine andere, als sie das Auge in der Realität wahrnimmt. „Sieht aus wie von Toulouse-Lautrec“, „wie von Anselm Kiefer“, lautete das bewundernde Lob aus dem Publikum. Andere Fotos waren von den Holzschnitten der Japaner Hiroshige und Hokusai inspiriert.

Aus dem Rahmen fiel die Serie „Figuren in Landschaft“. Hierbei spielte Philipp mit Gegensätzen: Fröhliche Asiaten in einer Schneelandschaft werden pixelreduzierten Badenden an Meer und See in der Türkei, Portugal, Italien, Frankreich und an der Ostsee gegenübergestellt. Fotografisch suchte Philipp nach Arkadien, jener Ideallandschaft, in der sich die Grenzen zwischen Natur und Menschen aufheben. Zum Abschluss griff er noch einmal ganz tief in seinen digitalen Zauberkasten und präsentierte aus Screenshots und Google Earth montierte vertikale Stadtansichten. Nach Meinung der Zuschauer sehen sie aus wie „Dali hoch drei“.

Die Kleidung des Fotokünstlers war sorgfältig ausgesucht: Er hatte eines seiner verfremdeten Naturbilder auf Stoff drucken lassen, und seine Frau hatte daraus ein Oberhemd geschneidert.

Petra Neumann-Prystaj