Die exzellent aufbereitete Ausstellung im Museum für Volkskunde widmet sich der Geschichte und dem Untergang der letzten Großmacht Mittelamerikas. Der Untergang wurde angeführt durch Hernán Cortés, der vor 500 Jahren ohne militärischen Auftrag das Reich der Azteken eroberte und weitgehend zerstörte. Kriege und eine eingeschleppte Pestepidemie vernichteten einen großen Teil der indigenen Bevölkerung.
In der eineinhalbstündigen Führung erläuterte uns eine Ethnologin sehr fachkundig die Exponate, verbunden mit vielen Ausführungen zu den Lebensbedingungen im Reich der Azteken.
Nach einer überlieferten Sage geht die Bezeichnung „Azteken“ darauf zurück, dass Mitglieder eines Stammes aus dem Ort Atzelan sich ca. im Jahr 1325 aufmachten, um eine neue Heimat zu suchen. Diese fanden sie im Tal von Mexiko, einer fruchtbaren und dicht besiedelten Region. Sie bauten auf Hochbeeten viele uns heute bekannte Nahrungsmittel wie Mais, Bohnen, Tomaten, Avocados, Kürbisse und Tomaten an. Aus Baumwolle (hochwertig) und Sisal (einfacher) wurden Stoffe gewebt.
Die eingewanderten Azteken gründeten die Stadt Tenochtitlan an dem Ort, wo sich heute die Hauptstadt Mexikos befindet. Sie waren militärisch versiert und vergrößerten kontinuierlich ihr Herrschaftsgebiet. Dabei behielten die eroberten oder verbündeten Stadtstaaten ihre Herrscher und Sprache, mussten aber zahlreiche festgelegte Tribute an die Azteken liefern. Dazu zählten Stoffe, Edelmetalle und Tiere, aber auch Arbeitsleistungen und Kriegsdienste.
Zentrum des Reichs war die Lagunenstadt Tenochtitlan mit mindestens 100.000 Einwohnern. Die spanischen Eroberer waren von der Größe, Struktur und Sauberkeit der Städte beeindruckt. Im Mittelpunkt jeder Stadt lagen zwei große Tempel, der Herrscherpalast und ein großer Markt, auf dem sehr intensiv Handel getrieben wurde.
Die Azteken lebten in einer streng geordnete Zwei-Klassen-Gesellschaft. Der Adel, nur ca. 5% der Bevölkerung, herrschte über die große Mehrheit der einfachen Menschen (Bauern und Handwerker). Einen hohen Stellenwert nahm die Bildung ein. Alle Kinder, auch die Mädchen, waren schulpflichtig und wurden auf ihre späteren Tätigkeiten in Haushalt, Produktion, Landwirtschaft und Militär vorbereitet.
Zur Kommunikation nutzten die Azteken Bilderhandschriften mit Piktogrammen, die allgemein verständlich waren. Erhaltene Beispiele stellen die Listen der jeweils zu leistenden Tribute dar. Es gab auch viele ausführliche Bücher (Kodizes), welche die Geschichte und Kultur der Azteken beschrieben. Leider wurden die Kodizes von den Eroberern als Teufelswerk deklariert und gezielt vernichtet, die Schriftkundigen und Priester wurden ermordet. So basieren die uns erhaltenen Informationen über die Kultur der Azteken größtenteils auf den Berichten der Eroberer, geprägt durch deren oft einseitige Sicht und die damaligen Wertvorstellungen.
Eine wichtige Rolle spielten Gottheiten, welchen regelmäßig Opfergaben dargebracht wurden. Die Ausstellung zeigt steinerne Kisten mit unzähligen Opfergaben. Geopfert wurden Tiere, aber auch Menschen. Opfersteine, Knochen- und Schädelfunde belegen die grausamen Bräuche. Eine uns doch sehr fremde, vergangene Kultur.
Die Ausstellung läuft bis zum 3. Mai 2020.
Text und Fotos: Christiane Schuchard-Ficher