Live dabei dank Webkamera – Michael Rudolf Luft nahm das Aka-Publikum mit auf eine spannende Abenteuerreise zum Stromboli

Rumpelgeräusche erfüllten den Aka-Vortragsraum, und auf der Leinwand war wabernder Nebel und gelegentlich auch ein Streifchen Mittelmeerküste zu erahnen. Dank einer am daueraktiven, grauen Vulkan Stromboli installierten Webkamera wurden die Besucher des Vortrags von Michael Rudolf Luft Ohren- und Augenzeugen von dem, was dort zeitgleich zu sehen und zu hören ist:

ein in Wolken eingehüllter Berg, eine kraftlose Sonne. Morgens hatte es geregnet. Der Referent gestand, dass er sich die Liveübertragung der Webkamera häufiger ansieht, weil er sie spannend findet. Vor allem nachts, denn dann könne man die roten Glutfontänen sehen, die aus den Kratern in nie vorausberechenbarer Reihenfolge aufsteigen. „Wenn der Vulkan Druck hat, hustet er“. Manchmal geschieht dies alle zwei bis drei Minuten, manchmal gönnt er sich längere Pausen. Ursache ist die Plattentektonik, die Verschiebung der Kontinentalplatten nach Norden, die sich in Form kleinerer Erdbeben bis ins Rhein-Main-Gebiet auswirkt. Sichtbar sind nur die 930 aus dem Meer herausragenden Meter des Stromboli, während die darunterliegenden 3000 Meter verborgen bleiben.

stromboli 300Mit Fotos und Filmen vermittelte Luft seinen Zuhörern ein anschauliches Bild vom Stromboli, einem Namen mit drei Bedeutungen: Zum einen bezeichnet er die 60 Kilometer nördlich von Sizilien gelegene Insel, die zu den Liparischen Inseln gehört, zum anderen den Vulkan selbst und schließlich die größere der beiden Inselstädte. Jules Verne ließ seine Forschungsreisenden im Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ just aus diesem Berg wieder an die Erdoberfläche steigen. In einem kleinen Inselkino wird in mehreren Sprachen der Spielfilm „Stromboli“ gezeigt, bei dessen Dreharbeiten sich der verheiratete Regisseur Roberto Rossellini in die ebenfalls verheiratete Schauspielerin Ingrid Bergmann verliebte – damals ein Skandal!

Im Mai vorigen Jahres hat Michael Rudolf Luft eine Abenteuerreise zum Stromboli unternommen. Abends begleiten lizensierte Führer die Touristen zum Gipfel des „relativ gutmütigen“ Vulkans. Fasziniert von der Ästhetik und sich der Naturgewalt und Gefahrenzone durchaus bewusst, beobachten sie in kleinen Gruppen die Ausbrüche und erleben, wie der Auswurf auf einem Geröllhang, Feuerrutsche genannt, Richtung Meer abfließt. „Das packt einen, das ist der Hammer!“, sagte der Referent. „Wir waren alle emotional ergriffen.“

Bei der Rückfahrt von der Insel überstanden Luft und die Teilnehmer der Reisegruppe in ihrem kleinen Transportschiff einen strapaziösen „Höllenritt“ bei hohem Wellengang. Wenige Wochen später explodierte der Gipfel des Stromboli bei dem heftigsten der seit 1985 systematisch registrierten Ausbrüche, und ein Mensch kam dabei ums Leben. Das gab den Reiseteilnehmern noch nachträglich zu denken. Sie hatten Glück gehabt, aber es wurde ihnen auch bewusst, dass mit dem „relativ gutmütigen“ Stromboli nicht zu spaßen ist.

Petra Neumann-Prystaj