Gleich in der ersten Woche nach der Eröffnung fuhren 20 Mitglieder der Aka zur Documenta nach Kassel. Sigrid Geisen und Helmut Linke, vertraut mit den vorangegangenen Veranstaltungen, organisierten die Bahnfahrt und führten uns durch die Ausstellungen.
Seit 1955 findet die Documenta alle fünf Jahre statt und wird als wichtige zeitgenössische Kunstausstellung weltweit anerkannt.
Dieses Jahr ist vieles anders. Die künstlerische Leitung wurde erstmalig einem Kollektiv übertragen, der indonesischen Künstlergruppe Ruangrupa. Diese führte als Motiv der Ausstellung den Begriff Lumbung ein. Das Wort bezeichnet in Indonesien eine Reisscheune, in welcher die Dorfgemeinschaft die Überschüsse der Reisernte lagert und zum Wohle aller Mitglieder verteilt. Lumbung beschreibt auch einen Ort für gemeinsames Feiern, Essen und Produzieren. Die eingeladenen Künstler und Künstlerinnen, oft auch Kollektive, kommen überwiegend aus Ländern des globalen Südens, aus Asien, Afrika, Australien und Lateinamerika, und sind hierzulande weitgehend unbekannt. Entsprechend der Bedeutung des Lumbung teilen die beteiligten Künstler ihre Ideen und Ressourcen und erstellen gemeinschaftliche Projekte. Zudem wird Kunst auch als Prozess verstanden, d.h. in gemeinsamen Workshops, Gesprächen, Lesungen und Filmen etc. werden im Verlauf der 100-tägigen Documenta weitere neue Projekte und Werke entstehen.
Es ist klar, dass man bei 32 verschiedenen Ausstellungsorten und ca. 1500 beteiligten Künstlern mit einem Tagesbesuch nur einen kleinen Ausschnitt der gesamten Ausstellung erleben kann. Wir teilten uns in zwei Gruppen und konzentrierten uns auf zentrale Ausstellungsorte, das Fridericianum, die Documenta Halle und das Naturkundemuseum Ottoneum, die man zu Fuß gut erlaufen kann. Politische Aussagen und soziale Kritik dominieren in den meisten Projekten, z. B. schon auf den schwarz gestrichenen und mit Sprüchen versehenen Säulen des Portals zum Fridericianum oder auf den Bildern australischer Aborigines. Uns gefielen die großen Patchwork Wandteppiche im ersten Stock, die von einer Roma Künstlerin geschaffen wurden. In der Documenta Halle wurde eine bunte Halfpipe aufgebaut, welche die jungen Besucher eifrig nutzen. Daneben stehen zwei Techno-Windmühlen aus Stahl und Neonröhren, die auffallende Lichteffekte hervorbringen. Die gesamte gegenüberliegende Wand des Raums füllt ein riesiges Wandbild, welches im Stil der landestypischen Kinobannermalerei in einer Gemeinschaftsproduktion von 14 Künstlern aus Bangladesch erstellt wurde.
Das umstrittene Großbild auf dem Friedrichsplatz war wegen seiner antisemitischen Inhalte schon abgebaut worden. Diese Documenta mit neuem Konzept bietet viel Diskussionsstoff, letztlich auch zu den Fragen, was Kunst ist und wo deren Grenzen liegen bzw. gesetzt werden sollten.
Für Interessierte bietet Sigrid Geisen im nächsten Halbjahr Mitte August eine weitere Gruppenfahrt der Aka zur Documenta 15 an.
Text und Fotos: Christiane Schuchard-Ficher
Fotos zum Vergrößern anklicken.