Die Referentin Karin Mühlenbock stellte sich am Beginn des Rundgangs als neues Gesicht in der AKA vor. Als ‚Grüne‘ war sie Mitglied in der Gemeindevertretung Mühltal, die 2007 ihr Herz für den Waldschutz entdeckte und Mitbegründerin der Bürgerinitiative (BI) „Pro Walderhalt“ wurde. Sie ist Aktionistin bei zahlreichen Protesten.
Zum Einstieg sprach sie über eine Liste der Wohlfahrtswirkungen des Waldes für den Menschen: als Grundwasserspeicher, Klimaregulierer, als Naherholungsgebiet, als nützlicher Wirt ungezählter Tierarten und Insekten. Als Spender der Waldluft gilt er als Inbegriff von Gesundheit sowie als Wirtschaftsfaktor durch Holzlieferungen (und als Spielort vieler deutscher Märchen).
Etwa ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands ist mit Wald bedeckt. Seit den 1980er Jahren werden die von Menschen verursachen Schäden öffentlich beklagt. In den Bürgerinitiativen arbeiten oft am Umwelt- und Waldschutz stärker interessierte Menschen als in den Forstämtern. Daher sind Konflikte unvermeidbar.
Frau Mühlenbock kam es zunächst darauf an, die unterschiedlichen Schädigungen des Waldes aufgrund des unbedachten Abholzens einzelner Bäume in einer natürlichen Baumgruppe, den Schirmschlag, zu veranschaulichen. Im Gegensatz zu einer von der Natur gewollten Lücke, also einer Lichtung, beraubt der Schirmschlag den Bäumen die natürliche Krone, ihrem ‚Dach‘, was zur Störung des Gleichgewichts führt. Veränderte, ungewohnte Sonnenlicht- und Grundwassereinflüsse greifen die sensible Innenstruktur des Baumes an. Der Holzkäufer, der sich ‚seine Bäume‘ selbst aussuchen darf, achtet nicht auf diese Zusammenhänge. Die Förster sowie deren Oberbehörde „Hessenforst“ stellen oft den Schutz des Waldes hinter die Verkaufsinteressen zurück. Als offenbar taktische Begründung der Forstbehörde zur Abholzung sind Wegesicherheit für die im Nahbereich häufig anzutreffenden Spaziergänger angegeben. Und da entsteht beispielsweise die Unzufriedenheit der Waldschützer. Frau Mühlenbock konnte uns bei dem Rundgang eine Anzahl gesunder stattlicher Buchen und Eichen zeigen, die zum Fällen mit einem roten liegenden Kreuz gekennzeichnet waren. Aufgrund heftiger Proteste verschiedener Bürgerinitiativen wurden diese „Todeskreuze“ jetzt mit schwarz übermalt, was die (vorübergehende?) Rücknahme der Fällungsabsicht bedeutet. Wie uns Frau Mühlenbock versichert, bleiben die Bürgerinitiativen wachsam . . .
Weitere Ärgernisse und Anklagepunkte, die den Erhalt des gesunden zukunftsorientierten Waldes bedrohen: Die Gemeinden erstellen Waldwirtschaftspläne. Die Bürgerinitiativen werfen den Gemeinden vor, auch die Bäume zu verkaufen, die in den 10-Jahresplänen als schützenswert im Naherholungsgebiet ausgewiesen sind.
Außerdem streiten die Bürgerinitiativen über die wenig kreative Behandlung umgestürzter Bäume, die noch zu mannigfacher Nutzung zu gebrauchen wären bzw. als Teil der Biomasse wirken zu lassen. Zum Thema Neuanpflanzung vertreten die Bürgerinitiativen durchgehend die Ansicht, dass die Natur selbst die Regie für die Gestaltung des zukünftigen Waldes übernehmen soll, da die wissenschaftlich empfohlenen Kulturen großenteils nicht anwachsen.
Der Wald ist ein komplexes Thema; die Aufgaben der Bürgerinitiativen bedürfen größter Aufmerksamkeit und Unterstützung.
Walter Schwebel
Hinweis: Zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema veranstaltet die AKA am 15.11.2022 von 18:00 bis 19:30 Uhr den Vortag „Lebensraum Wald“ (Kurs Nr 10621).