Der Bildhauer Constantin Brâncuși (1876-1957)
In einem engagierten Vortrag erinnerte uns Attila Gergely an den Bildhauer Constantin Brâncuși, welcher einen wesentlichen Einfluss auf die Kunst der Moderne hatte. Der Referent fühlt sich dem Künstler schon durch dessen Geburtsort Hobita, in der Kleinen Walachei in Rumänien gelegen, verbunden, da er selbst aus dieser Gegend stammt.
Der junge Brâncuși folgte sehr früh seinen künstlerischen Interessen, verließ das Elternhaus und finanzierte sein Studium an der Kunstakademie in Bukarest durch zahlreiche Nebenjobs. 1904 ging er nach Paris, wo er nach weiterem Studium an der École des Beaux Arts eine kurze Anstellung beim berühmten Bildhauer Auguste Rodin fand. Bald trat er aus dessen Schatten und suchte seinen eigenen Stil. Er fand Anschluss an die bekannten Künstler der Epoche, insbesondere Marcel Duchamp und Amedeo Modigliani. Mit seinen Werken kreierte er eine neue Kunst, die sich deutlich von den Bildhauern seiner Zeit absetzte. Seine Skulpturen sind extrem auf das Wesentliche reduziert, nach seinem Urteil gilt: „Die Schlichtheit ist gelöste Komplexität“. Es finden sich Einflüsse rumänischer und afrikanischer Volkskunst.
Brâncuși arbeitete mit vielen Materialien, wie Gips und Bronze, Holz, Stein und Marmor. Oft sind die Oberflächen poliert. Eine weitere Besonderheit ist, dass er den Sockel, auf welchem die Skulptur steht, in das Kunstwerk mit einbezog und entsprechend auffallend gestaltete. Er schuf ein Repertoire markanter Skulpturen, z. B. Frauenköpfe und viele Tierformen wie Hahn, Fisch, Seehund, Vogel, welche er oft wiederholte und in verschiedenen Materialien erstellte. 1913 wurden einige seiner Skulpturen auf der Armory Show in New York gezeigt und fanden viel Aufmerksamkeit.
In seinem Heimatland Rumänien errichtet er 1937 ein großes architektonisches Kriegsdenkmal in Târgu Jiu, bestehend aus drei Teilen: dem Tisch des Schweigens, dem Tor des Kusses und der Unendlichen Säule. Diese besteht aus 15 gleichgroßen rautenförmigen Elementen mit goldfarbener Oberfläche; die gesamte Stahlkonstruktion hat eine Höhe von ca. 30 Metern! Später durfte der Bildhauer aus politischen Gründen nicht mehr in sein Heimatland einreisen. Heute findet man seine Werke in vielen bekannten Museen. Da Brâncuși keine Nachkommen hatte, vermachte er seinen Nachlass dem französischen Staat mit der Auflage, die Skulpturen zusammen in der Anordnung seines Ateliers zu präsentieren. Dies wurde in einem kleinen Museum am Place Pompidou in Paris umgesetzt. Im Hessischen Landesmuseum Darmstadt kann man die Skulptur „Vogel im Raum“ in der Sammlung Simon Spiener betrachten.
Durch seinen Freund Man Ray wurde der Bildhauer inspiriert, seine Werke auch selbst in Fotos und Filmen zu erfassen. Dazu sahen wir gemeinsam einen Film, der uns die Kunstwerke in seinem Museum in Paris plastisch verdeutlicht und uns ihre wahre Faszination nahebrachte (Constantin Brâncuși, Dokumentation Arte, zu sehen auf YouTube).
Christiane Schuchard-Ficher